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Kultur & Gesellschaft

Israels Nationalbibliothek

1980 war Stefan Litt elf Jahre alt. Er wächst in der DDR auf, Ost-Berlin. Litt schwärmt für Geschichte, fremde Sprachen und beginnt an der FU Berlin Judaistik und Geschichte zu studieren – und liest im Herbst 1990 eine Annonce in der Berliner Zeitung, die alles verändert. Die Israelitische Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel bietet Hebräisch-Intensivsprachkurse in der Kurt-Tuckolsky-Straße an. Litt lernt die Sprache – und sie zu lieben. Heute, fast 30 Jahre später, ist der große Mann mit der kleinen Brille, dem man seine Berliner Kindheit immer noch anhört, Archivar an der israelischen Nationalbibliothek in Jerusalem, dort zuständig für die deutschen Bestände. Der schmucklose Steinbau beherbergt 5 Mio. Medienträger, Bücher, Zeitschriften, Manuskripte, CDs und derlei mehr. 8.000 jüdische, 2.000 muslimische und 1.000 christliche Handschriften zählen zum Bestand der Nationalbibliothek, illuminierte aus dem Mittelalter sind darunter, auch nordafrikanische Koranhandschriften aus dem 9. Jahrhundert auf Papier, das es damals in Europa noch gar nicht gab. Und dann ist da noch das riesige Archiv mit den persönlichen Nachlässen, die untergegangene deutsch-jüdische Kultur des vergangenen Jahrhunderts: die Dichterin und Expressionistin Else Lasker-Schüler, der Kabbala-Forscher Gerschom Scholem, der im Nachkriegsdeutschland vor allem als Wiederentdecker des Jahrhundertdenkers Walter Benjamin bekannt wurde, und der Religionsphilosoph Martin Buber. Auch Stefan Zweig gehört zur Sammlung der Nationalbibliothek. Der weltläufige Autor übergab 1933, zutiefst erschrocken über die Machtergreifung der Nazis, einen Teil seiner Korrespondenzen heimlich der Nationalbibliothek: Briefe von und an Thomas Mann, ein Manuskript von Alfred Döblin und ein erster Entwurf der 2. Symphonie von Gustav Mahler. Für Litt, den Archivar und mit Preisen ausgezeichneten Wissenschaftler, könnte es keinen besseren Arbeitsplatz geben. Der Vater von zwei Kindern hat zuletzt vor allem den Nachlass Kafkas archivarisch aufbereitet, der aus dem Nachlass von Max Brod stammt und um dem jahrelang vor Gericht gestritten wurde. Dazu zählt auch ein mit Bleistift geführtes Deutsch-Hebräisch-Vokabelheft, das Kafkanach 1917 begonnen hatte. Er hatte immer wieder mit dem Gedanken gespielt, von Prag nach Palästina auszuwandern. (Spiegel) TS

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