Nicht ganz koscher
Von Gefiltem Fisch bis zu orientalischem Lamm mit Backobst: Das „Jüdische Kochbuch aus Hamburg“ garniert gute Rezepte mit Familienanekdoten. Das Ungewöhnlichste an diesem Buch ist seine Entstehungsgeschichte: Die Herausgeberinnen Gabriela Fenyes, Barbara Guggenheim und Judith Landshut wissen aus eigener Erfahrung, dass es Speisen aus vielen Regionen der Welt gibt, wenn jüdische Familien Verwandte und Freunde zu Tisch bitten und jeder etwas mitbringt. Was genau in jüdischen Hamburger Familien ab dem frühen 20. Jahrhundert gekocht und gegessen wurde, haben die Frauen zusammengetragen und jetzt in einem Kochbuch veröffentlicht. Dabei wurden sie von der jüdischen Gemeinde Hamburgs unterstützt, in deren Familien alte Lieblingsrezepte überdauert haben. Der einstige Erste Bürgermeister Hamburgs, Herbert Weichmann (1896 bis 1983) war 1933 mit seiner Frau Elsbeth nach Paris geflohen und ließ sich nach dem Krieg in Hamburg nieder. Heute sind es zumeist die Nachfahren der ehemaligen Hamburger Juden, zu denen die Senatskanzlei Kontakt hält und die angeschrieben werden. Und diesen Anschreiben haben die Herausgeberinnen ihre Anfrage nach Rezepten beigelegt. Aus aller Welt trafen Mails und Briefe mit Anleitungen zur Speisenzubereitung ein. Einige davon waren wie nebenbei auf einzelne Zettel notiert worden, andere stammten aus umfangreichen Rezeptsammlungen. Dazu gehört auch, dass keineswegs durchgehend koscher, also den jüdischen Speisegesetzen folgend, gekocht wurde und wird. Naomi Baum steuert aus Israel ein Sandkuchen-Rezept ihrer Großmutter Margarete Oettinger bei: „Dieser Kuchen war der Standard-Kuchen meiner Großmutter. Wir alle liebten ihn. Sie bedeckte ihn mit Zuckerguss und Zuckerstreuseln. Da wir nicht in ihrer Nähe wohnten, schickte sie so manchen Kuchen mit der Post. Oftmals waren das die Geburtstagskuchen.“ In den Rezepten spiegelt sich auch die Herkunft vieler jüdischer Familien, die vor 400 Jahren mit den Sefarden aus Spanien und Portugal begann, gefolgt von Juden aus mittel- und osteuropäischen Ländern.
Gabriela Fenyes, Barbara Guggenheim, Judith Landshut (Hg.): Das Jüdische Kochbuch aus Hamburg/The Jewish Cookbook from Hamburg; Dölling und Galitz Verlag, 285 S, EUR 23 (dugverlag, Welt) TS