„Die documenta 15 und der Antisemitismus-Skandal. Wer Antizionisten einlädt, erntet Antisemitismus“ im Philipp-Scheidemann-Haus Kassel
Präsentation der Broschüre „Die documenta 15 und der Antisemitismus-Skandal. Wer Antizionisten einlädt, erntet Antisemitismus“ mit:
Stefan Hensel (Antisemitismusbeauftragter der Stadt Hamburg) und
Niklas Reuther (Thunder in Paradise)
Vor etwa zwei Jahren veröffentlichten wir unsere Recherche über die Gruppe „The Question of Funding“, die als Künstlerkollektiv auf der als Weltkunstausstellung präsentierten documenta 15 (d15) eingeladen wurde. Auch den Einfluss israelfeindlicher Aktivisten sowohl unter den für die d15 berufenen Künstlern als auch in den Führungsstrukturen der Ausstellung legten wir in unserem Blogbeitrag im Januar 2022 ausführlich dar.
In der Folge kam es zu einer umfassenden gesellschaftlichen Debatte, die bis heute nachwirkt. Die Debatte der Kasseler Öffentlichkeit zeigte, dass lokalpatriotischer Stolz und fehlendes Problembewusstsein jede rechtzeitige Intervention angesichts der zu erwartenden antisemitischen und antizionistischen Agitation auf der d15 vereitelte. Nicht die für Antisemitismus und Israelhass offene ideologische Ausrichtung vieler „Kulturschaffenden“ war Thema in der regionalen Debatte, nicht die impertinente Weise, in der Aktivisten der postmodernen Linken und des sogenannten globalen Südens ihre Agitation als Kunstwerke adelten, sondern der Widerspruch gegen sie wurde zum Problem ernannt, als Herabwürdigung des Standorts Kassel und als Infragestellung der Kunstfreiheit denunziert. Diese sehr spezielle Kasseler Ignoranz offenbarte aber in exemplarischer Weise auch, was für weite Kreise in der Gesellschaft im Allgemeinen gilt: Unverständnis, Ignoranz hinsichtlich des manifesten Antisemitismus in der Kunst- und Kulturszene. Auch die Akzeptanz des Israelhasses und antisemitischer Weltanschauung als spezifischer Ausdruck einer kulturellen Prägung von Aktivisten des „globalen Südens“.
Die d15 schloss mit einem trotzigen Bekenntnis vieler der Aussteller zum Israelhass und mit der Verbrüderung mit den Agitatoren des palästinensischen Volkstumskampfes. Auch hier war aus Kassel kaum Widerspruch zu vernehmen. Wie im Rahmen der Kasseler Kunstausstellung sonst auch üblich, wurden zwei der für den langen antisemitischen Sommer Verantwortlichen mit Gastprofessuren an der Kunsthochschule Kassel und Hamburg „belohnt“.
Ein Jahr nach dem Ende der Kunstausstellung wurde Israel von Todeskommandos aus dem Gaza überfallen. Das Ziel der von zahlreichen Zivilisten aus dem Gaza begleiteten Einsatzkommandos war es, so viele Juden wie möglich zu töten, die jüdischen Siedlungen zu plündern und jüdische Frauen zu vergewaltigen. In vielen europäischen Städten – auch in Kassel – kam es zu Kundgebungen gegen Israel und Bekundung der Sympathie für die Terrorpalästinenser. Begleitet wurden diese Kundgebungen von Äquidistanz, einer klammheimlichen, bisweilen auch offenen Sympathie für den „Widerstand gegen den Siedlerkolonialismus“ aus der Kunst- und Kulturszene.
Symptomatisch für diese Haltung war die bösartige Ignoranz der neu berufenen Findungskommission, die sie ihrem Mitglied, der israelischen Künstlerin Bracha L. Ettinger, entgegenbrachte, die sich angesichts des Pogroms bestürzt zeigte und wegen des anhaltenden Raketenbeschusses durch die Hamas auf ihren Wohnort um einstweiliges Aussetzten der Gremienarbeit bat.
Es wird auf unserer Veranstaltung darum gehen, am Beispiel unsere Recherche die Reaktionen auf das Phänomen des Antisemitismus in Deutschland generell und speziell in Kassel zu reflektieren.
Stefan Hensel wird dabei auf die Berührungspunkte der Stadt Hamburg mit der Kunstausstellung in Kassel eingehen und dabei die Bedeutung der Ausstellung und auf sie folgende Ereignisse für die Situation der Juden und Jüdinnen in Deutschland darlegen.
Niklas Reuther wird auf das Phänomen des rebellisch daherkommenden Antisemitismus im kultur- und identitätssensiblen, von postmodernen, postkolonialen und queeren Diskursen geprägten Milieu eingehen, dem auf der d15 eine öffentlich finanzierte Plattform für Agitation und Propaganda geboten wurde.
Die Veranstaltung findet am Donnerstag, den 22. Februar 2024, im Philipp-Scheidemann-Haus, Holländische Straße 72-74 in Kassel statt. Beginn ist 17:00 Uh