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Matthias Küntzel: Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand

Matthias Küntzel: Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand

Wann

02.06.2021    
06:00 pm - 07:00 pm
Matthias Küntzel: Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand
Der Vortrag findet über Zoom statt (Zugangsdaten siehe unten).
1937 kam eine neue Form von Judenhass in die Welt: der islamische Antisemitismus. Dieser kombiniert die antijüdischen Aussagen aus dem Koran mit dem verschwörungsbezogenen Antisemitismus der Moderne und kombiniert somit die negativsten Judenbilder aus Christentum und Islam. Es handelt sich um eine spezielle Form von Judenhass, die vor 80 Jahren unter maßgeblicher Beteiligung der nationalsozialistischen Propagandaapparate entwickelt und in der arabischen Welt massenhaft verbreitet wurde.
In Deutschland hat eine Diskussion über diese radikale Variante von Judenhass kaum begonnen, obwohl sie gerade während der kürzlichen Entwicklung im Gaza-Konflikt deutlich zu Tage trat. Der Islam habe mit Antisemitismus nichts zu tun, heißt es oft beschwichtigend. Dabei hatte gerade Nazi-Deutschland schon in den Dreißigerjahren das judenfeindliche Potential des Koran entdeckt und für die eigenen Propaganda in der arabischen Welt instrumentalisiert. Von Zeesen, einem südlich von Berlin stationierten Kurzwellensender, wurde der islamische Antisemitismus gezielt unter Muslim*innen verbreitet. Die Radiosendungen wurde zwischen April 1939 bis April 1945 alltäglich auf Arabisch, aber auch auf Persisch und Türkisch ausgestrahlt. So, wie die Nazis in Europa den christlichen Antijudaismus radikalisierten, so nahmen sie im Nahen Osten den muslimischen Antijudaismus zur Grundlage, um ihn mit der europäischen antisemitischen Verschwörungstheorie zu verknüpfen.
In seinem neuen Buch „Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand“ beleuchtet unser Redner dieses bislang ignorierte Kapitel deutscher Vergangenheit und zeigt auf Basis neuer Archivfunde, wie sich das Judenbild im Islam zwischen 1937 und 1948 unter dem Einfluss einer ausgefeilten arabischsprachigen Radiopropaganda und sonstiger Nazi-Aktivitäten veränderte.
Die Begegnung des Nahen Ostens mit der Nazi-Ideologie war zwar nur kurz, doch sie wirkt bis heute weiter nach. Denn während der Nazi-Antisemitismus überall sonst in der Welt diskreditiert war, konnte er sich in der arabischen Welt als Weltanschauung erhalten. Erst wenn wir begreifen, wie stark die moderne Nahostgeschichte von den Nachwirkungen des Nationalsozialismus geprägt ist, werden wir den Judenhass in dieser Region und dessen Echo unter Muslim*innen in Europa richtig deuten und adäquate Gegenmaßnahmen entwickeln können.
Dr. Matthias Küntzel, Politikwissenschaftler und Historiker aus Hamburg, hat die historische Verbindung von Islamismus und Antisemitismus in seinem Buch „Djihad und Judenhass. Über den neuen antijüdischen Krieg“ thematisiert. Dieses Buch erschien auf Englisch, Französische, Hebräisch, Italienisch und Griechisch und löste eine internationale Debatte über die Ursprünge des Antisemitismus im Nahen Osten aus. Von 2004 bis 2015 war Küntzel externer associate researcher beim Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA) an der Hebrew University in Jerusalem. Ende 2019 erschien sein Buch „Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand“. Weitere Informationen unter www.matthiaskuentzel.de.
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