Yotam Ottolenghi: Einfach, aber lecker
Mit „Jerusalem“ hat der Israeli Yotam Ottolenghi die Küche des Nahen Ostens revolutioniert. Nun erscheint sein neues Werk. Die Gerichte können schnell und unkompliziert hergestellt werden, erfüllen aber trotzdem den Anspruch, echte „Ottolenghis“ zu sein. Kein Zweifel: Das große Kochbuch „Jerusalem“ ist ein moderner Klassiker der nahöstlichen Küche geworden, entstanden im Schmelztiegel Jerusalem, wo alle Küchen der Welt aufeinanderstoßen. An diesem Ort wird wie sonst nirgends mit Leidenschaft über die Frage gestritten, wer was erfunden hat und welches Gericht wann und wie von wem „geklaut“ worden ist. Ottolenghis sympathisch-unideologisches Credo hingegen ist: Sofern das Essen auf dem Teller gut ist, schmeckt und allerbeste Zutaten enthält, sollte es ziemlich gleichgültig sein, ob nun Ägypter, Türken, Iraner oder Araber den Hummus erfunden und dass Israelis den Kichererbsenbrei zu ihrer „Nationalspeise“ erklärt haben. Jetzt kann sich der Leser an das neue Buch des als „Küchenphilosoph“ gefeierten israelischen Autors heranwagen. Der Titel lautet verführerisch Simple, weil alle Gerichte relativ schnell und unkompliziert hergestellt werden können und trotzdem dem hohen Anspruch Genüge tun, echte „Ottolenghis“ zu sein. Und schon auf den ersten Blick handelt es sich bei Simple um ein wunderbares Kochbuch mit vielen eindrücklichen Fotos und klaren Anleitungen. Solange man die Zutaten im Kühlschrank oder im Regal findet, kann bei den Rezepten nicht viel schiefgehen. Auch hier bleibt Ottolenghi seiner Maxime treu: Seine Gerichte sind einfacher als erwartet, schmecken ausnahmslos immer vorzüglich, sind aber niemals gewöhnlich. Gerade für Deutschland bietet Simple so auch hervorragende Einblicke in eine hierzulande weitgehend noch unbekannte kulinarische Welt. Im Vorwort behauptet Ottolenghi, dass geübte Köche ja ohnehin immer viele Zutaten auf Vorrat hätten oder problemlos – dank der Angaben im Buch – schnell selbst welche mischen und zubereiten könnten. Doch wo findet man Baharat, schwarzen Knoblauch oder Sumach? Erfahrungsgemäß ist es zumindest in Nordeuropa sehr schwierig, Zutaten wie wirklich gutes und frisches Zaatar zu finden, wie es in Jerusalem oder woanders in Israel an jeder Straßenecke verkauft wird. Zwar wird hin und wieder mal erwähnt, dass die verwendeten Eier, Tomaten oder Zitronen „bio“ zu sein hätten. Zwar gibt es auch Rezepte mit Tofu und anderen „Ersatzstoffen“, aber das bleibt zum Glück die Ausnahme. Und in diesen Zeiten fast schon ein Tabu: Es mangelt auch nicht an deftigen Speisen und Rezepten mit kräftigen Fleischstücken – Beteavon!
Yotam Ottolenghi: Simple. Das Kochbuch. Dorling Kindersley, München 2018, 320 S., EUR 28 (JA) TS